Die große Halle

In der großen Halle trifft sich die Familie zum Essen oder bei bedeutenden Festen

cf: Der Innenhof von Göttergnad

Osric fand ja das er sich bisher wirklich gut benommen hatte. Natürlich beschloss er daran auch nichts zu ändern. Nur fühlte er sich extrem unwohl. Anicia schien wegen ihrer Mutter schlecht gestimmt zu sein. Der einzige der halbwegs in Ordnung zu sein schien, war Anicias Vater. Natürlich hatte er beschwichtigend seine Worte zurückgegeben, dass keine Entschuldigung für das Verhalten von Anicias Mutter nötig sei, schließlich sei das noch eine ungewohnte Situation. Osric wusste nur zu gut, dass er hier vorsichtig sein musste. Er wollte nicht zu viel Porzellan zerschlagen. Da reichte schon der Auftritt bei den Howlands. Er musste irgendwie die Wogen glätten. Wusste aber nicht wie. Als sie am Tisch saßen, und das ausgezeichnete Essen aufgetragen wurde, saßen alle schweigend und aßen ohne sich anzusehen. Gut Anicias Mutter begann hin und wieder böse Blicke auf ihn oder ihre Tochter zu werfen. Um sie nicht zu sehr zu provozieren, vermied er es ihr in die Augen zu sehen, und konzentrierte sich mehr auf sein Essen. Irgendwann hielt er das ewige Schweigen auch nicht mehr aus, weshalb er versuchte die Ödnis mit Wörtern zu füllen. "Ich habe gelesen das euer Haus andalischen Ursprungs ist, Lord Allyrion. Damit gehören unsere beiden Häuser zu den wenigen die nicht von den Rhoynar abstammen. Für Dorne eine Besonderheit."

Osrics Reaktion auf das Verhalten meiner Mutter überraschte mich. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit Verständnis. Doch obwohl es mich überraschte, war ich ihm wirklich sehr dankbar dafür. Ich wusste schließlich, hätte er mit Spott und Hohn reagiert, wäre mein Vater gezwungen gewesen, sich auf die Seite meiner Mutter zu stellen und damit gegen Osric und mich. Und einen Mann wie Ser Ryon Allyrion, meinen Vater, wollte man sich wirklich nicht zum Feind machen.
Als wir schließlich an der großen Tafel in der Halle saßen, stießen sowohl meine Mutter als auch meine Geschwister zu uns und ich lächelte Daemon, dem Bastardsohn meines Vaters, zu, worauf hin der keck grinsend leicht den Daumen hob. Er hatte unsere Großmutter immer bewundert, dass sie als Mätresse gelebt und nun eine so starke Lady war, und zu wissen, dass er mir meinen selbst gewählten Weg nicht übel nahm, half mir sehr dabei, mich zu entspannen. Mirana, meine kleine Schwester, sah mich immer wieder neugierig an, schließlich kannte sie mich so gut wie nicht. Als sie geboren wurde, war ich bereits als Mündel der Tolands auf Geistberg, und die wenigen Besuche hatten nicht ausgereicht, um uns wirklich kennen zu lernen.
Durch den Frieden am Tisch lächelte mein Vater bei seiner Antwort sogar stolz Das stimmt, Ser Osric. Das Haus Martell hat sich uns sogar zeitweilig unterworfen, vor Nymerias Krieg... gab er stolz zurück. Ich wusste, wie viel es ihm bedeutete, dies von sich und seinem Haus behaupten zu können, und obwohl er ein treuer Vasall der Martells war, konnte er es sich doch nie verkneifen, Gästen zu erzählen, dass es einst andersherum gewesen war.

"Nun. Wir blicken alle auf eine ruhmreichere Vergangenheit zurück, wie mir scheint." sagte Osric lächelnd und nippte an seinem Glas. Dann sah er die Neuankömmlinge, die er als Anicias Geschwister vermutete. Darunter fiel ihm vor allem der junge Mann auf, der zu Ser Ryons Linken Platz genommen hatte, während dessen Gattin Ynis zu seiner Rechten saß. "Ihr müsst Daemon sein." sagte Osric und prostete freundlich über den Tisch Anicias Halbbruder zu. Er hätte sich sofort gerne mit ihm angefreundet und lieber geduzt. Aber in der Gegenwart von Anicias Eltern wäre das unhöflich gewesen. Zudem waren Bastarde in Dorne gleichberechtigt. Oh wie er diese furchtbare Etikette hasste. Normalerweise hätte er sie wie bei den Tolands längst gebrochen, wenn es nicht um die Familie seiner Mätresse gehen würde. Auch wenn er sich Mühe gab, merkte man ihm an das er mit Daemon lieber einen lockeren Ton gepflegt hätte. Deshalb liess er in seinen nächsten Worten eine versteckte Aufforderung dazu erklingen."Eure Schwester hat mir viel von euch erzählt. Aber euer Name eilt euch schon weit voraus als eines des besten Schwerter Dornes. So wie meiner." In Osrics Augen lag ein gefährliches Funkeln. Und er wusste sofort, dass Daemon den gleichen Gedanken hatte. Er kämpfte schon mit Anicia in seinem Bett. Wäre es da nicht passend, dass Schwert mit ihrem Bruder zu kreuzen. Osric liebte es Legenden über gute Schwertkämpfer auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Zu gerne hätte er das Schwert mit seinem verstorbenen Onkel Ser Arthur geschwungen, wenn dieser noch gelebt hätte. Jetzt musste er mit den lebenden Schwertlegenden Vorlieb nehmen. Und Daemon Sand gehörte ohne Zweifel zu ihnen. Osric schätzte das Oberyn Martell, Daemon und er zu den besten Schwertkämpfern in Dorne gehörten. Und damit das so blieb oder sein Status noch höher wurde, musste er einen der anderen großen Drei ab und zu gegenübertreten. Und hier war seine Gelegenheit.

Mein Vater nickte zufrieden und lächelte Das stimmt... Auch euer Haus kann stolz auf seine Geschichte sein. Viele grandiose Schwertkämpfer und Diplomaten stammen aus euren Reihen... erwiderte mein Vater stolz und durchaus wohlwollend. Er schien sich damit abgefunden zu haben, dass ich nun Osrics Mätresse war, und schien auch in gewisser Weise darauf stolz zu sein, dass ich damit der Tradition meiner Großmutter folgte. Schon früh hatte er mir davon erzählt, wie er von seiner Mutter dachte, und er hatte auch schon immer von vielen Enkelkindern geträumt, die ich ihm mit Osric schenken konnte. Es wären zwar alles Bastardkinder, aber doch wären es seine Enkelkinder. Und ob Bastard oder nicht, hier in Dorne wären sie alle gleichberechtigt.
Mein Bruder nickte schließlich und warf mir einen Blick zu, er schmunzelte leicht Soso, meine kleine Schwester gibt mit mir an, wenn ich nicht in der Nähe bin? Gut zu wissen... Er schmunzelte wieder und wandte sich wieder Osric zu Euch eilt allerdings auch ein Ruf voraus... abgesehen vom Luststern sollt ihr ein exzellenter Schwertkämpfer sein... Es wäre mir eine Ehre, mich mit euch im Kampf zu messen... bat er dann und legte den Kopf ganz leicht schief. Schon immer war er so gewesen, er hatte sich immer mit den besten Kämpfern messen wollen, um seine eigenen Fertigkeiten zu verbessern oder seinen ruf aufzupolieren.

Nicht ganz unabsichtlich hatte er die Geschichte seines Hauses unerwähnt gelassen. Er war froh das sich die Stimmung langsam auflockerte. Und wenn er sich mal ausnahmsweise Bescheiden gab...
Vor den Tolands oder seinem Bruder kannte er diese Zurückhaltung nicht. Deshalb ärgerte er sich etwas das Anicias Vater unterlassen hatte zu erwähnen, dass die Dayns als Haus der Ersten Menschen als Könige des Torrentin regiert hatten. Das war mehr als Haus Allyryon von sich sagen konnte. Nicht dagegen das Haus von ihrer Mutter. Haus Ysenwald hatte einst halb Dorne als Könige des Ysenwalds regiert. Ein Faktum dass das sehr stolze Haus bis heute nicht vergaß. Haus Bolton im Norden, Haus Frey in den Flusslanden, das ausgelöschte Haus Regn in den Westerlanden, Haus Florent in der Weite und Haus Rotfest im Tal.... Fast alle großen Häuser in Westeros hatten großen einen Rivalen der bei auftretender Schwäche nicht zögern würde diese auszunutzen und sich das jeweilige Königreich einzuverleiben. Und Haus Ysenwald war mit seiner gewaltigen Burg keine Ausnahme. Doch Osric sprach all diese Gedanken nicht aus. Er würde versuchen sich auch das Wohlwollen von Anicias Mutter zu sichern. Haus Ysenwald war kein Gegner den man haben sollte. Das sah wohl auch der Luststern ein. Hier stand zuviel auf dem Spiel. "Nun." sagte er mit freundlichen Blick auf ihre Mutter. "Das gilt vor allem für Haus Ysenwald." Dann war er froh, dass Daemon seine Aufmerksamkeit verlangte.
"Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Lord Daemon. Meine beiden Schwerter gehen keiner Herausforderung aus dem Weg. Weder das aus Fleisch vor eurer Schwester. Noch das aus valyrischen Stahl vor euch." Jetzt wo der Bastard schon so frank und frei sprach, schien es Osric bei der aufgelockerten Atmosphäre angemessen wieder ganz der Luststern zu sein. Zu sagen was er dachte und zu tun was er sagte.

Meine Mutter warf Osric einen leicht befremdeten Blick zu, als das Lob an ihre Familie ging. Sie war nie sonderlich eitle Frau gewesen, was man ihr auch ansah, schließlich waren ihre Kleidung und ihre Frisur nicht annähernd so prunkvoll wie die vieler anderer dornischer Ladys, und dementsprechend misstrauisch wurde sie auch, als sie nun dieses Lob hörte. Nach dem, was im Hof geschehen war, war es auch wirklich auffällig, dass Osric diese Kehrtwende hingelegt hatte. Ich vermutete zwar, dass er damit einfach Ärger vermeiden wollte, aber der Grund war mir eigentlich egal, ich war einfach froh, dass er meine Mutter mit mehr Respekt behandelte als er es bei Lady Toland getan hatte.
Als ich hörte, was Osric zu dem Duell zu sagen hatte, wurde ich rot und schüttelte den Kopf Du solltest nicht vergessen, dass ich dir nicht nur im Bett einen Kampf geliefert habe... und du solltest wohl auch nicht verschweigen, dass du jede einzelne Schlacht mit deinem fleischernen Schwert verloren hast... rügte ich ihn sanft und blickte zu meinem Bruder, der leise zu lachen begonnen hatte. Ich sehe, ihr habt auch mit der spitzen Zunge der kleinen dornischen Rebellin schon Bekanntschaft gemacht... Aber ich würde mich wirklich gern auf dem Schlachtfeld mit euch messen Ich schmunzelte ganz leicht und schüttelte den Kopf. Ich wusste um den Kampfgeist meines Bruders, und ich wusste, Osric hätte durchaus zu tun, um in einem solchen Duell den Sieg zu erringen. So leicht wie bei mir hätte es bei Daemon sicher nicht, und das obwohl ich ebenfalls eine respektable Kämpferin war.

"Nicht jede." sagte er. "Ich habe es nur spannender gemacht. So wie du auch." Dann trank er seinen silbernen Kelch aus Dornischen aus. "Ja Lord Allyrion... Göttergnad ist ein wahres Paradies. Ich kann mir vorstellen das es schwer gewesen sein muss für dich von hier fortzugehen." sagte er und streichelte zart über Anicias Hand. Dann wandte er sich wieder ihrem Bruder zu. "Es wäre mir eine Ehre die Klinge mit euch zu kreuzen. Wir können morgen gleich anfangen. Es gibt für meinen Geschmack zu wenige Turniere in Dorne." seufzte er im Nachgang. "Aber unser geschätzter Prinz fördert lieber die schöneren Künste als die martialischen. Dabei ist doch das Kämpfen die schönste Kunst an sich. Stimmt ihr mir zu Ser Daemon?" Sie hatten den Hauptgang nun beendet. Zur Kühlung des Gaumens als Reaktion auf all die scharfen Gerichte wurden nun Früchte und Säfte hereingebracht. Osric griff sich eine Orange auf, die schnell und geschnickt schälte und in mehrere Einzelteile schnitt. Auch die Wassermelonen und Pfirsiche sagten ihm sehr zu. Langsam merkte er wie er müder wurde. Der Tag war lang gewesen. Osric war viel geritten. Auf seinem Pferd. Sowie auch auf Anicia. Er hoffte dass das Mahl nicht mehr allzu lange ging. Aber aus Höflichkeit sagte er natürlich kein Wort. Er legte nur die Hand auf die Anicias, um ihr zu verstehen zu geben das er auf ihr gemeinsames Zimmer mit ihr wollte.

Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf Red dir das ruhig ein, wenn du dich dann besser fühlst... neckte ich ihn sanft und nickte dann langsam Es war nicht schwer zu gehen, weil es hier so schön ist... Es war schwer zu gehen, weil es höllisch wehgetan hat, nicht akzeptiert zu werden wie man ist... Nicht gut genug für jemanden zu sein, dem man so nahe steht, tut einfach unglaublich weh... murmelte ich bitter, meine gelöste Stimmung verschwand, als mein Blick dem meiner Mutter begegnete. Zum Glück sah sie davon ab, etwas zu erwidern, sodass auch ich nun still dasitzen konnte, während mein Bruder lachend antwortete Es wäre mir eine große Freude... Ihr habt recht, es gibt weit zu wenige Turniere hier, zu wenige Gelegenheiten, sein Können zu zeigen oder zu verbessern...
Als ich schließlich Osrics Hand auf meiner spürte, schob ich den Stuhl leicht zurück Wir haben eine lange Reise hinter uns und ich bin mir sicher, ihr habt noch genug zu besprechen... Daher werden wir uns nun zurückziehen... Ich neigte leicht den Kopf und stand auf, bevor ich Osric aus der Halle und zu dem Gemach führte, das ich immer als mein Zimmer gehabt hatte. Es sah noch genauso aus, wie ich es verlassen hatte, als ich damals gegangen war. Das breite Bett, die Kommode mit meiner selbst genähten Puppe darauf, die Truhe mit meinen Kleidern, der Spiegel über dem Tisch mit der Waschschüssel... Leicht wehmütig erinnerte ich mich daran, wie jung ich damals noch gewesen war. Die Puppe war nicht das einzige kindliche im Raum, auch das kleine Stofftier, das mein Vater mir geschenkt hatte und das nun auf der Truhe am Fußende des Bettes saß, zeigte, dass hier ein Kind gelebt hatte.